Bewährte Maschinenkonzepte der E-Mobilität setzen in der Regel auf einen außenliegenden, wasserdurchströmten Kühlmantel. Mit immer höheren Motorleistungen lässt sich so aber nicht mehr genug Wärme abführen – mit einer Kühlung über hohle Leitungen jedoch schon.
Immer höhere Motorleistungen von E-Maschinen benötigen auch immer durchdachtere Kühllösungen. Ein interessantes Konzept ist die Kühlung über hohle Leitungen. Erfahren Sie, wie das im Detail funktioniert. (Bild: AdobeStock_284990744_Marko)
Hochleistungs-Elektromotoren benötigen auch eine entsprechende Wärmeabführung. Bisher noch eher für Nischenanwendungen im Industrie- und Luftfahrtsektor im Einsatz, rückt die Leistungsfähigkeit der von Dynamic E Flow (DEF) entwickelten Capcooltech-Technologie auch in den Fokus der Elektromobilität. Die Idee: Wärme dort abführen, wo sie entsteht.
Bewährte Maschinenkonzepte der Elektromobilität setzen in der Regel auf einen außenliegenden, wasserdurchströmten Kühlmantel. Eine Hülse mit Kühlkanälen umgibt den Stator des Elektromotors. Üblicherweise werden die Kühlkanäle dabei Helix- oder mäanderförmig um den Stator geführt. Im Betrieb des Motors fördert die separate Kühlmittelpumpe ein öl- oder wasserbasiertes Medium durch diese Kühlkanäle, welches die gesamte Abwärme der Maschine aufnehmen muss. Der Kühlkreislauf schließt sich über einen Wärmetauscher, welcher die Verlustwärme an andere Systeme des Fahrzeugs oder die Umgebung abgibt. Eine solche Kühltechnologie zeigt hohe Zuverlässigkeit durch ihr weniger komplexes Layout und wirkt sich geometrisch nicht auf das elektromagnetische Layout der Maschine aus. Besonders im Bereich der abführbaren Wärmeleistungen pro Motorvolumen zeigt diese Technologie Defizite. Die besonderen Anforderungen des Automobilsektors möglichst hohe Motorleistungen in immer kleineren Bauräumen umzusetzen, führt zur direkten Notwendigkeit, die Kühlung elektrischer Maschinen signifikant zu verbessern.
In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.
Neuere Maschinenkonzepte setzen zur Lösung dieser Problemstellung weiterentwickelte Kühlkonzepte ein. Das Grundkonzept jeglicher Weiterentwicklung bisher liegt in der Absenkung der räumlichen Distanz zwischen Wärmequelle und Wärmesenke in der Maschine. Die Verkürzung dieses Weges, aber auch die Reduzierung von Materialgrenzen, welche der Wärmestrom zu überwinden hat, senkt den Wärmetransportwiderstand erheblich. Ein abgesenkter Wärmetransportwiderstand erlaubt bei gleicher Temperaturdifferenz zwischen zwei Punkten einen größeren Wärmestrom – im Falle des Elektromotors eine höhere abführbare Kühlleistung bei gleichen Wicklungstemperaturen. Die Wicklung selbst wirkt im Betrieb in der Regel als leistungsstärkste Wärmequelle der Maschine, deren Verlustwärme – abgesehen von Rotorbaugruppen – die weiteste Distanz zum Wassermantel überwinden muss. Nach der Pareto-Priorisierung besteht an dieser Stelle das größte Potenzial zur Optimierung. Entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass sich die meisten weiterentwickelten Kühlkonzepte auf die Wicklung konzentrieren.
Verglichen zur reinen Wassermantelkühlung bringt bereits der Schritt hin zur Schleuder- und Spraykühlung der Wickelköpfe eine signifikante Verbesserung. Diese Technologie benetzt die stirnseitigen Wickelköpfe der Maschine mit einem ölbasierten Kühlmedium. Dieses wird entweder durch Düsen in den Lagerschildern von radial außen auf den Wickelkopf gespritzt, oder in eine hohle Rotorwelle eingeleitet und durch die Rotordrehbewegung an bestimmten Stellen von radial innen gegen die Wickelköpfe geschleudert. Diese Technologie erfordert zwar eine Umstellung von wasserbasierten auf ölbasierte Medien, das Layout der notwendigen Peripherie wie Pumpen, Leitungen und Wärmetauscher kann allerdings wiederverwendet werden. Nachteilig erweist sich besonders die fehlende direkte Kühlung der aktiven Kupferbereiche aber auch das in der Maschine umherspritzende Öl, welches Sümpfe bilden kann, durch Lage und Gravitation beeinflusst wird und ein besonderes Dichtungskonzept erfordert. Trotz verbesserter Kühlung benötigt diese Art Maschine weiterhin im Dauerbetrieb ein thermisch begründetes Derating um Schäden zu vermeiden.
Die Fortsetzung der Spray- und Schleuderkühlung liegt in der direkten Kühlung der Kupferleiter über ihre gesamte aktive Länge. Die Nuten der Maschine werden vollständig mit Öl durchströmt, sodass das Kühlmedium immer im direkten Kontakt zum Kupferleiter bzw. der Isolationsschicht steht. Die abführbare thermische Leistung ist bei dieser Technologie in der Regel größer als die Verlustleistung der Maschine, sodass kein Derating mehr notwendig wird. Die konstruktive Umsetzung einer solchen Maschine ist jedoch äußerst aufwendig. Weiterhin steht zwischen Öl und Kupfer immer noch die elektrische Isolation, welche auch als letzter verbleibender thermischer Isolator wirkt.
Um die letzten verbleibenden Nachteile zu elemiminieren, entwickelt Dynamic E Flow seit 2014 die Kühltechnologie Capcooltech, welche bereits in mehreren Branchen kurz vor ihrer Serienreife stehen. Zentrales Element dieser Technologie ist der innen hohle elektrische Leiter. Bild 1 zeigt den speziellen Capcooltech-Draht in einer Statornut, gut zu erkennen ist der jeweils mittig angeordnete Kanal.
Dieser wird im Betrieb der Maschine mit Kühlmedium durchströmt, welches die im Kupfer entstehende Wärme aufnimmt und abführt. Durch den uneingeschränkten Kontakt zwischen Kupfer und Kühlmittel entsteht ein besonders leistungsfähiger Wärmeübergang, sodass auch eine Capcooltech-gekühlte Maschine kein thermisches Derating mehr erfordert. Im Gegensatz, die Leistungsfähigkeit der Maschine steigt deutlich, da sich die Stromdichte durch Einsatz von Capcooltech um bis zu das Siebenfache steigern lässt. Weiterhin erlaubt diese Kühlung die Absenkung der durchschnittlichen Wicklungstemperatur. Daraus resultiert – trotz kleinerer Kupferquerschnittsfläche – im Idealfall ein kleinerer ohmscher Widerstand der Wicklung. Dieser Effekt senkt parallel zur Leistungssteigerung die Kupferverluste und steigert den Wirkungsgrad.
Die von DEF patentierte Technologie konnte nach umfangreicher Grundlagenforschung bereits 2019 in einem Proof-of-Concept alle vermuteten Potenziale für den Einsatz in der Automobilbrache zeigen. Die E-Maschine eines Kleinwagens wurde vollständig zerlegt, unter Einsatz von Capcooltech-Drähten mit identischem Blechpaket wiederaufgebaut und in das Fahrzeug integriert. Bild 2 zeigt die modifizierte Traktionsmaschine. Von außen nicht erkennbar: die innengekühlte Wicklung.
Messungen mit diesem Fahrzeug zeigten, dass erst jetzt das komplette elektromagnetische Potenzial der Maschine dauerhaft ausgenutzt werden konnte. Das ursprüngliche Dauerdrehmoment von ca. 100 Nm ließ sich bis in den Bereich des ursprünglichen Peakmoments auf ca. 200 Nm steigern. Gleichzeitig lagen die Wicklungstemperaturen dauerhaft ca. 30 Prozent unterhalb der ursprünglichen Werte im Dauerbetrieb. Wie sich im Folgenden bei späteren Entwicklungen zeigte, können die Optimierungen des Motors noch stärker ausfallen, wenn nicht nur die Wicklung getauscht, sondern auch der Stator- und Rotorblechschnitt an die neuen Randbedingungen angepasst werden.
Bei optimaler Auslegung der elektromagnetischen, hydraulischen und thermischen Maschinenkomponenten als System, erreichen die Stromdichten Werte von bis zu 75 A/mm² im Dauerbetrieb. Das aktuelle Niveau der Stromdichte sorgt in Folge für ebenso große Eckdaten im Bereich der Drehmomenten- oder Leistungsdichte. Abhängig vom Auslegungs- und Optimierungsziel erreichen hohlleitergekühlte Maschinen Drehmomentdichten bis 165 Nm/kg oder Leistungsdichten bis 40 kW/kg.
Die Technik selbst ist dabei in alle aktuellen Motorlayouts integrierbar. Vor allem die zurzeit in der Automobilbranche vorherrschenden IPM-Maschinen (Interior Permanent Magnet) profitieren besonders von der Leistungssteigerung. Gleichzeitig kann die Technologie aber auch in Statoren von FSM- (fremderregter Synchronmotor), Reluktanz- oder Asynchronmaschinen erfolgreich eingesetzt werden. Auch Maschinen mit höherer Phasenzahl bilden an dieser Stelle keine Ausnahme. Zur besseren Anpassung der Maschine verwendet Dynamic E Flow mehrere Stärken von runden Hohldrähten, ebenso Hohlleiter mit Rechteckquerschnittsprofil, die sich sehr gut zur Umsetzung von Hairpinwicklungen eignen.
Neben einer deutlichen Steigerung der Leistungsdaten kann Capcooltech in besonderen Nischenanwendungen den Betrieb einer E-Maschine unter Extrembedingungen erst ermöglichen. Beispielsweise ein Betrieb bei erhöhten Kühlmitteleingangstemperaturen bis zu 150 °C und Umgebungstemperaturen bis 300 °C. Durch die thermische Unabhängigkeit der Maschine von ihrer direkten Umgebung führt eine vollständige Kapselung nicht zu thermischen Schwierigkeiten.
Simulationen helfen dabei, beim Design von Elektromotoren eine Balance aus Mechanik und Elektromagnetik zu finden. Comsol zeigt zum neuen Termin am 23.6. im Webinar auf all-electronics.de, wie Multiphysik-Simulation die Optimierung der E-Antriebe unterstützt. Der Beitrag erklärt im Detail, wie die Simulation von Elektromotoren abläuft und welche Parameter dabei einfließen.
Neben der Maschinenentwicklung selbst liegt die Systementwicklung und Produktion der Verbindungtechnologie zwischen Elektronik und Hydraulik in der CCT-Konnektorbox (Capillaries Cooling Technology) der Maschine im Bereich der Kernkompetenz von DEF. Da sich die Maschine durch Capcooltech viel näher an der Grenze des elektromagnetisch Machbaren betreiben lässt, mussten neue Berechnungsmethodiken entwickelt und mit Messungen verifiziert werden. Besonders die zuverlässige Auslegung der Hydraulik trägt maßgeblich dazu bei, dass die Maschine die versprochene Performance dauerhaft liefern kann. Zur Sicherstellung der Berechnungsergebnisse setzt das Engineering Team auch weiterhin verstärkt auf Messungen, die auf den selbst entwickelten Hydraulikprüfständen mit äußerst kurzer Reaktionszeit realisiert werden können.
DEF nutzt diese Technologie bereits, um Hochleistungsmaschinen im Bereich hoher Drehmomente und hoher Drehzahlen für die Luftfahrtbranche, für Werkzeugmaschinen die Industrie und für automobile Prüfstände zu entwickeln und herzustellen.
Ausgehend von den hohen Anforderungen an Bauraum, Leistungsdichte und Effizienz wird auch der Automobilsektor stark an einer Einführung von Capcooltech in die Traktionsmaschinen profitieren. Durch die Anhebung der Dauerleistung bis zur elektromagnetischen Peak-Kennlinie muss bei gleichbleibenden Anforderungen weniger Bauraum für Antriebskomponenten vorgehalten werden. Besonders für Nutzfahrzeugantriebe, die direkt anhand der Dauerleistungskennline ausgelegt sind, ein enormer Vorteil. Neben dem bauraum- und materialbedingten Vorteil des Downsizings, steigt zusätzlich bedingt durch die Lastpunktverschiebung der Konstantfahrtbetriebspunkte der Wirkungsgrad über Fahrzyklen. Aufbauend auf diese Basis lässt sich der Wirkungsgrad durch die technologiebedingte Absenkung der Kupfertemperatur nochmals erhöhen bzw. der Betrieb auch bei besonders hohen Kühlmitteleingangstemperaturen sicherstellen.
Weitere Potenziale der Kühltechnologie zeigen sich, sobald das thermische Gesamtsystem des Fahrzeugs untersucht wird. Die besonders schnelle thermische Reaktion des Systems auf Änderungen der hydraulischen Parameter sorgt für eine präzise Regelbarkeit der Temperaturen und die Möglichkeit zur schnellen Reaktion. Bild 3 zeigt das thermische Verhalten einer bestromten Probewicklung. Die grüne Kurve zeigt den Kupfertemperaturverlauf in °C aufgetragen über der Zeit. Zuerst fließt kein Kühlmittel durch die Wicklung, zum Zeitpunkt 14:40:10 beginnt der elektrische Strom zu fließen. Innerhalb von ca. 15 s heizt sich der Draht bis auf 125 °C auf, bevor zum markierten Zeitpunkt (blauer Balken) der Kühlmittelfluss beginnt. Innerhalb von weiteren 10 s kühlt der Draht von seinem Peak bis unter 40 °C ab.
Eine solch hochdynamische Systemantwort bietet die Möglichkeit die Pumpenleistung, welche für das System Gesamtfahrzeug als Verlust zu sehen muss, angepasst an den jeweiligen Betriebspunkt zu minimieren bzw. ausgewählte Temperaturniveaus in der Wicklung anzusteuern. Beispielsweise bietet sich die Option zur Beheizung des Fahrzeugakkus oder der Fahrgastzelle eine möglichst hohe Kühlmittelrücklauftemperatur anzustreben, während zur wirkungsgradoptimierten Fahrt die Temperaturen möglichst klein bleiben sollen. Neben der Optimierung direkter Leistungskennzahlen zeigt sich an diesem Beispiel die große Zahl an Möglichkeiten, die Capcooltech im Thermalmanagement des Gesamtfahrzeugs bietet.
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