ADZ-Online - Verkehrsverschlimmbesserungsversuchsversagen

2022-10-09 15:24:19 By : Ms. Joye Ling

Mit über 20.000 Stellplätzen verfügt die West Edmonton Mall im Kanadischen Bundesstaat Alberta offiziell über den größten Parkplatz der Welt, es passen also fast so viele Autos dorthin wie auf einen Bukarester Bürgersteig. Überfüllung von Orten durch Autos nimmt vielerorts zu. Kluge Köpfe weltweit haben sich dem Problem angenommen und Lösungen gefunden, wie man Verkehr noch schlimmer machen kann. Grund genug, in diesem Artikel eine kleine Übersicht über schlechte Verkehrsoptimierung zusammenzutragen. Noch eine Spur Den Beginn macht ein wahrer Klassiker des Planungspfusches: Die Erweiterung einer Straße um eine Spur. Autofahrer mögen keinen Stau, es erscheint den Verkehrsplanern also sinnvoll, die Autos statt hintereinander nebeneinander stehen zu lassen. Üblicherweise wird der notwendige Platz hierfür von den Fußgängern und Radfahrern geholt, oder man sucht sich eine Sickerfläche, die man mit Asphalt versiegelt. Der Stau verteilt sich nun näher am Stauanfang, wird vielleicht etwas kürzer, aber dafür auch breiter. Es kann auch passieren, dass sich diese „Verkehrsoptimierung“ herumspricht und mehrere Fahrer diese Route wählen, oder sich die Menschen langfristig ermutigt fühlen, bei breiteren Straßen auch größere Autos zu kaufen, die dann noch mehr Platz einnehmen, oder dass an der Stelle, an der sich die Straße verengt, Autos sich gegenseitig ausbremsen oder kollidieren, also alles Sachen, durch die Staus entstehen oder verschlimmert werden. Mal ganz abgesehen davon, dass eine breite Straße der Lebensqualität ihres Umfeldes schadet. Der Vegas Loop Man sollte die Idee einer zusätzlichen Spur also begraben. Viel zu wörtlich nimmt das Elon Musk, der in Las Vegas den sogenannten „Vegas Loop“ bauen lässt. Las Vegas hat über 640.000 Einwohner, die auf einer Fläche von 340 Quadratkilometern leben, ist also von der Einwohnerzahl wie auch von der Fläche etwa doppelt so groß wie Klausenburg/Cluj-Napoca. Der öffentliche Nahverkehr dort, der die gesamte Metropolregion mit über zwei Millionen Bewohnern und jährlich 40 Millionen Besuchern bedienen muss, bestand aus einigen Buslinien. Das war problematisch, Elon Musks „Boring Company“ bohrte also zwei Röhren unterhalb der Stadt, in denen Fahrer in Teslas Fahrgäste zwischen Stationen hin und herfahren. Das System funktioniert also wie eine U-Bahn, bloß, dass es nicht massentauglich ist, einen hohen Personalaufwand hat und die Stromversorgung der Fahrzeuge nicht über eine Oberleitung geschieht, sondern über umweltschädliche Akkus. Zudem sind die Fahrzeuge eher nicht so langlebig wie U-Bahnfahrzeuge. Der Personalbedarf kann sich langfristig verringern, weil geplant wird, in Zukunft autonom fahrende Fahrzeuge zu verwenden. Die gab es bei U-Bahnen übrigens testweise schon in den 80ern, in Kopenhagen gibt es seit 2002 eine fahrerlose Metro. Die autonomen Fahrzeuge sollen in Zukunft bis zu 16 Leuten Platz bieten, das System ist also nicht massentauglich. Die hohen Geschwindigkeiten, die das Unternehmen anpreist – die Boring Company strebt 155 Meilen pro Stunde (ca. 250 km/h) an – die bei Nahverkehr ohnehin keinen großen Vorteil bringen, verlieren weitere Wirkung, wenn das System stark genutzt wird, denn es würden lange Wartezeiten entstehen. Einzige Lösung hierfür wäre wiederum eine starke Preiserhöhung, und dann hätte man ein Megaverkehrsprojekt, das z.B Pendler, die es sich nicht leisten können in der Innenstadt zu wohnen, nicht nutzen können, was das Verkehrsproblem der Stadt also nicht lösen würde. Aktuell gibt es eine kurze Tunnelstrecke, die Fahrt kostet drei Dollar. Die Ottobahn Wie beim Loop soll auch hier der Wunsch des Fahrgastes nach Abschottung von anderen Menschen erfüllt werden. Die Vision: Hängende Kapseln sollen über die Straßen von München sausen. Diese können an jeder Stelle ihrer Strecke zum Ein- und Aussteigen auf den Bürgersteig hinunter gelassen werden. Im Inneren sitzt der Fahrgast in einem Massagesessel, kann selbst ausgewählte Musik hören und sogar das Licht so einstellen, wie es ihm passt. Momentan gibt es eine Test-strecke von 10 Metern Länge mit einer Kapsel in einem Labor, Arbeiten für einen Versuchsring von 900 Metern Länge stehen aber schon kurz vor ihrem Beginn. Anstelle also vorhandene Verkehrswege zu optimieren und zu nutzen, sollen die Innenstädte noch weiter zugebaut werden. Gerade beim Beispiel München, immerhin die Hauptstadt von BMW-Land, kann man schon zielsichere Vermutungen anstellen, ob die Säulen für die aufgeständerte Strecke eher auf dem Fußweg, oder eher auf der Straße platziert werden... Für die weiter entfernte Zukunft ist sogar geplant, mit diesem System verschiedene Städte zu verbinden. E-Highways E-Highways sind Autobahnen mit einer Oberleitung. Diese soll Lkws mit Strom versorgen, was eine Menge CO2 sparen soll. Eine Teststrecke wurde 2017 im Rhein-Main-Gebiet eingerichtet, in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg gibt es inzwischen je eine weitere Strecke. Diese Idee ist tatsächlich umweltfreundlicher, als E-Lkws mit Batterien fahren zu lassen und man fragt sich, wieso dieses System nicht auch wieder in Städten für Busse etabliert werden kann. Allerdings sorgt es weiter dafür, dass mit Warenverkehr, der auch auf der Schiene stattfinden könnte, die Autobahnen verstopft werden. Hier könnte man beispielsweise einfach Güterrangierbahnhöfe so modernisieren, dass auch ohne einen Ablaufberg Güterwagen umgeschoben werden, was Personal einsparen könnte beim Auflösen und Neuzusammenstellen von Güterzügen. Hierfür gibt es kleine Gestelle, die zwischen den Schienen hin und her fahren können, um dann von unten einen Güterwagen an sich zu befestigen und ihn zu seinem neuen Zug zu bringen. Das eigentliche Problem, dass zu viele Lastwagen unterwegs sind – und das nicht nur auf Autobahnen – kann durch E-Highways nicht gelöst werden, sondern nur, wenn Güter vermehrt auf der Schiene transportiert werden. Auch die hohe Feinstaubverursachung durch Reifenabrieb würde weiter bestehen. Der Transit Explore Bus 2016 konnte man in der chinesischen Stadt Qinhaungdao ein sehr seltsam anmutendes Gefährt begutachten. Der auch „Tunnel-“ oder „Stelzenbus“ bezeichnete Transit Explore Bus ist ein Schienenfahrzeug, dessen Schienen am Fahrbahnrand zweispuriger Straßen installiert werden soll. Von dort aus soll der Wagenkasten dann die Straße überspannen, sodass der Individualverkehr darunter durchfahren oder der Bus selbst über Staus hinweg fahren kann. Ungefähr 1200 Menschen sollen in ein Fahrzeug hineinpassen. Die Installation eines solchen Systems wäre von den Kosten scheinbar 1/5 von dem eines U-Bahnbaus. Es setzt aber voraus, dass die Straße, auf oder über der der Bus verkehrt, auf der gesamten Strecke die gleiche Breite hat. Enge Innenstädte, die zugegebener-maßen in Chinas Millionenmetropolen eher unüblich sind, könnten daher schon einmal nicht angefahren werden. Des Weiteren müssten sämtliche Brücken und Unterführungen umgebaut, sowie hohe Stationen zum Ein- und Ausstieg errichtet werden. Berücksichtigt werden muss auch, dass Doppeldeckerbusse und LKW zu hoch sein könnten, um unter den Fahrzeugen durchzupassen. Außerdem ist hier von einem höheren Unfallrisiko auszugehen, wenn einer dieser Busse über den fließenden Verkehr fährt. Wenn zudem das Projekt dieses Busses erfolgreich wäre, müsste davon ausgegangen werden, dass auf der mehrspurigen Straße, über die der Bus hinwegfährt, nach dessen Einführung weniger Individualverkehr stattfindet. Man könnte also getrost eine Spur umfunktionieren und statt dieses Busses eine Stadtbahn bauen. Diese könnte nicht nur schneller fahren (der Bus ist für 60km/h ausgelegt, moderne Stadtbahnen schaffen auch gut 80 km/h), sondern auch durch engere Straßen fahren und zur Not in Innenstadtbereichen in einem Tunnel geführt werden. Begrünte Gleiskörper eignen sich zudem hervorragend als Sickerflächen für Wasser. Durch die wesentlich simpleren Baubedingungen sind Stadtbahnnetze außerdem flexibler zu erweitern. Die 300 Meter lange Teststrecke wurde inzwischen wieder abgebaut. SUVs Wesentlich fortgeschrittener – zugegeben aber auch weniger neu – als die vorigen Konzepte sind SUVs, wahrscheinlich benannt nach dem Geisteszustand ihrer Erfinder (...Suff). Die Idee: Durch größere und schwerere Fahrzeuge den Platz im öffentlichen Raum noch kleiner machen, als er ohnehin schon ist, und dabei unnötig viel CO2 und Feinstaub verursachen. Die obengenannten „klugen Köpfe“ sind hierbei im Gegensatz zu den vorigen Beispielen weniger die Entscheidungsträger für die städtische Verkehrsgestaltung – glücklicherweise – sondern Privatpersonen, die meinen, dass sie in einer Stadt einen Geländewagen brauchen – der abseits der Straße übrigens nicht unbedingt so gut funktioniert wie wie ein echter Geländewagen. Abgesehen von ihrer Fähigkeit, Straßen schneller kaputt zu fahren als normal große Pkws können sie öffentlichen Raum ganz toll zuparken. Außerdem bringen sie bei einem Unfall die andere Partei schneller auf den Friedhof. Die Entscheidungsträger für die städtische Verkehrsgestaltung kommen hier dennoch ins Spiel, weil es ihre Aufgabe ist, den besten Verkehrsteilnehmer der Welt – den Fußgänger – zu schützen. Mit einem SUV den öffentlichen Raum dort zu verkleinern, wo er ohnehin nicht groß ist, ist eine egoistische, unsoziale und willkürliche Entscheidung, die zu treffen von einer Verkehrsbehörde verhindert werden kann. Sie kann  die Panzer verbieten. Privatisierung – wie sie in der Realität aussieht Wer mit dem Zug von Bukarest nach Konstanza fahren möchte, der hat verschiedene Möglichkeiten. Der Fahrgast kann wählen zwischen den Bahngesellschaften CFR, Astra Trans Carpatic und Softrans. Die Fahrpreise unterscheiden sich nicht großartig voneinander, es ist also sinnvoll, sich die Verbindung anhand der Fahrzeiten auszuwählen. Wenn man das online tut, muss man aber jeweils auf die einzelnen Webseiten dieser Bahnanbieter gehen. Es gibt kein Portal, auf dem man sich alle Züge in Relation ansehen kann. Das kostet Zeit und gestaltet das Buchen umständlich. Möchte man sich am Schalter informieren, muss man sich nacheinander bei verschiedenen Schaltern anstellen, denn auch dort wird nur über Verbindungen des eigenen Unternehmens informiert. In Rumänien fahren auf manchen Pendlerstrecken verschiedene Unternehmen, wenn man also nur für eines ein Abonnement hat, kann man nicht jeden Zug nutzen. Ein Konkurrenzkampf auf der Schiene kann sich theoretisch positiv auswirken. Man bedenke die 1930er Jahre, die Zeit der stromlinienförmigen Züge in den USA. Eisenbahnunternehmen, die dieselben Städte miteinander verbanden, überboten sich im Kampf um Fahrgäste gegenseitig an Geschwindigkeit und Komfort. Ziel war hierbei eindeutig das Bestehen im Konkurrenzkampf unter den Unternehmen. Allerdings wurde die Arbeit danach ausgerichtet, wie das Unternehmen sich wirtschaftlich entwickelt und nicht danach, wie die Dienstleistung für möglichst viele Menschen zugänglich ist. Einige der Eisenbahnunternehmen gibt es auch heute noch, ihre Personenzüge aber fahren nicht mehr, weil unrentabel. Diese Bahnunternehmen haben und hatten in der Regel ihre eigenen Gleise, was betrieblich sinnvoll ist. Bei der Liberalisierung europäischer Eisenbahnen blieb das gesamte Netz meist in der Hand des ehemaligen staatlichen Betreibers, der nun ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen ist. Das wird von Kritikern – völlig zurecht – oft als unfairer Marktvorteil kritisiert. Die etablierten Unternehmen können damit neuen Eisenbahnunternehmen den Start erschweren, wo-runter auch Fahrgäste leiden müssen. Wenn man nun unbedingt meint, eine Privatisierung des öffentlichen Verkehrs wäre sinnvoll, dann könnte man sich wenigstens an anderen Branchen abgucken, wie man sie kundenfreundlich gestaltet. Wenn man einen Flug buchen will, muss man auch nicht erst herausfinden, welche Fluggesellschaften die gewünschte Strecke bedienen, um dann auf der jeweiligen Webseite nach einer Verbindung zu suchen. Stattdessen kann man in Portalen nach Verbindungen suchen und bekommt so einen Überblick über sämtliche Möglichkeiten.  

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