Cut the middleman: Der direkte Draht zu Talenten

2022-10-08 18:03:59 By : Ms. Anna Lee

Jedes Unternehmen will die besten Talente für sich gewinnen. Doch das Problem ist: Davon gibt es zu wenige. Eine Prognose der Studie The global talent crunch der Organisationsberatung Korn Ferry (2018) lautet, dass bis 2030 weltweit 85 Millionen Fachkräfte fehlen werden. Dementsprechend wird mehr denn je die perfekte Methode gesucht, um Personen zu finden, von der Arbeit im Unternehmen zu überzeugen und dann in der Folge zu halten.

Was mich vor diesem Hintergrund jedoch wirklich wundert: Recruiting wird trotz der enorm gestiegenen Bedeutung nach wie vor in großen Teilen an externe Dienstleister vergeben. Bei der Generierung von Reichweite begeben Recruitingverantwortliche sich dadurch in die Abhängigkeit von Stellenbörsen und Karrierenetzwerken. Will ein Unternehmen spezifische Stellen besetzen, sind Personalberaterinnen und Headhunter das Mittel der Wahl. Die direkte Interaktion zu den potenziellen Mitarbeitenden wird somit im Recruiting weiterhin umgangen. Die Folge: Unternehmen haben kaum Kenntnis über die Wünsche ihrer Zielgruppen und entwickeln eine spiralförmig wachsende Abhängigkeit von Mittelspersonen.

Mit zunehmender Digitalisierung haben sich viele Unternehmen in Sachen Recruiting inflationär zurückentwickelt. Eines der auch von außen sichtbarsten Symptome ist, dass Recruiting in der Regel erst startet, wenn Talente das Unternehmen verlassen oder neue Wachstumsziele ausgegeben werden. Dadurch werden Stellen oft erst viel zu spät besetzt, Übergaben können nicht stattfinden, Ziele werden verfehlt – und das auf Kosten der Zufriedenheit der aktuell Beschäftigten. Statt das Problem strategisch zu priorisieren, wird das Thema Recruiting oft noch stärker nach außen verlagert; es werden Headhunterinnen beauftragt und zusätzliche Kontingente bei Stellenbörsen gebucht. Doch damit machen es sich viele Unternehmen im Recruiting zu leicht.

Vielmehr braucht es eine zentrale Integration des Recruitings in die gesamte Wertschöpfung. Die Gewinnung und Zufriedenstellung von Arbeitskräften muss als Motivation und Mittel der Zielerreichung verstanden werden. Die Karriereseite des unternehmenseigenen Webauftritts sollte in diesem Prozess die Priorität haben, während Maßnahmen auf Stellenbörsen und Karrierenetzwerken diese lediglich flankieren.

Nach dem Motto „Ist ja eh alles auf LinkedIn oder Indeed” wird bei einigen Unternehmen die eigene Karriereseite oft vernachlässigt. Ein bisschen Employer Branding, von A bis Z sortierte Jobs, ein Bewerbungsformular – mehr ist nicht zu erwarten. Ob dabei die Kandidaten im Zentrum stehen? Eher nicht.

Bei der Fülle an Jobangeboten suchen Menschen nach ehrlichen Informationen, die Unternehmen A von B differenzieren und über mögliche Identifikationsmöglichkeiten mit der Arbeit oder die Kompatibilität mit dem eigenen Leben aufklären: Menschen suchen nach Jobs, in denen sie sich wiederfinden, die zum eigenen Leben passen. Die eigene Karriereseite kann als Herzstück aller Recruiting-Maßnahmen genau das leisten. Hier können Jobs lebendig inszeniert werden, so dass Menschen direkt angesprochen werden. Diese zentrale Seite muss als wesentlicher Teil der Unternehmensstrategie verstanden werden. Die Realität ist jedoch eine andere. Laut einer Studie vom Staufenbiel Institut und von Kienbaum flossen zuletzt lediglich neun Prozent des Recruiting-Budgets in eine eigene Karriereseite. Und nur 15 Prozent von rund 1.400 befragten Unternehmen im KOFA-Personalarbeitsindex gaben an, über sich als Arbeitgeber auf solch einer Seite zu informieren.

Das Fatale ist: Verlassen sich Personalmarketingverantwortliche im Recruiting ausschließlich auf externe Plattformen, geben sie damit einen Großteil der Kontrolle über ihre Aktivitäten in fremde Hände – ohne Einblick, welche Stellenanzeigen und Talentansprachen funktionieren und welche nicht. Dabei ist genau diese Analyse von Daten im Hinblick auf beispielsweise die Budgetsteuerung relevant: Werden Talente auf die ausgeschriebenen Jobs aufmerksam? Welche Stellenanzeigen funktionieren mit welchen Inhalten? Und wie effizient sind die Maßnahmen? Steht die Anzahl der tatsächlich eingegangenen Bewerbungen im Verhältnis zum Recruiting-Aufwand? Nur wenn Unternehmen selbst diese Daten sammeln, können sie den Erfolg oder auch das Versagen ihrer Recruitingmaßnahmen umfassend nachvollziehen – und diese entsprechend anpassen. Also Schluss mit post and pray!

1. Oft unterschätzt: gutes Job Branding Unternehmen investieren mitunter viel Geld in Employer-Branding-Maßnahmen. Die meisten von ihnen scheitern aber dabei, den Job wirklich gut und authentisch zu beschreiben. Dabei sind die Stellenausschreibungen oft das erste, was Kandidaten sehen und auf Basis der dort zusammengestellten Informationen entscheiden sie, ob sie sich weiter mit dem Unternehmen beschäftigen wollen. Deshalb kommt es auf Transparenz an: Was genau sind die Aufgaben im Arbeitsalltag? Wer sind meine potenziellen Teammitglieder? Wie viel kann ich verdienen? Wie sind die Arbeitszeiten? Gerade kleinere Unternehmen, deren Arbeitgebermarke nicht so sichtbar wie die der größeren Konkurrenz ist, profitieren von gut beschriebenen Jobs. Denn authentische und informative Stellenausschreibungen erhöhen nicht nur die Bewerbungswahrscheinlichkeit, sondern steigern außerdem das Search-Engine-Optimization-Ranking, wodurch die Stellen eher auf Suchmaschinen gefunden werden.

2. Zielgruppengerechter Seitenaufbau: möglichst kurze Klickpfade Karriereseiten sollten nach den Ansprüchen der Zielgruppen gestaltet sein. Das klingt logisch. Aber warum gibt es dann immer noch so viele Karriereseiten, die nicht mobiloptimiert oder mit Text überladen sind? Je mehr Klicks potenzielle Kandidatinnen brauchen, desto schneller verlieren sie das Interesse. Hier hilft die Einsicht in die Daten, welche Informationen die Jobinteressierten brauchen und an welchen Stellen die Abbruchrate am höchsten ist – nur dann kann effektiv nachjustiert werden.

3. Der Weg zur Karriereseite: Google for Jobs Wie lassen einzig und allein mit der Karriereseite die Zielgruppen auf sich aufmerksam machen? Die Antwort ist denkbar einfach: Google. Wir sind es gewohnt, alles zu googeln. Darum ist es möglich, bei Google for Jobs ebenfalls nach Stellenanzeigen zu suchen. Unternehmen, die die Informationen in ihren Stellenanzeigen für Google for Jobs indexierbar machen, verzeichnen meist eine sofortige Steigerung der Aufrufe. Bis zu 30 Prozent mehr Interessierte greifen direkt auf die Stellenanzeigen zu – einfach nur, weil sie leichter zu finden sind.

4. Das i-Tüpfelchen: Schnittstellen heben Karriereseiten auf das nächste Level Ein Vorteil von Karriereseiten ist die vereinfachte Einbindung von Schnittstellen zu Plattformen wie Personio, SAP & Co. So können Recruiting-Prozesse auch intern einfacher abgewickelt und zeitsparender gestaltet werden. Außerdem lassen sich dadurch Übertragungsfehler vermeiden. Die Karriereseite wird Teil eines gesamten Recruiting-Systems und kann so den Job von Recruiterinnen und Personalern, aber ebenso von Marketing- oder Fachabteilungen erleicht

Der Arbeitskräftemangel wird bleiben – und sich mit Blick auf den demografischen Wandel sogar noch verstärken. Es geht somit mittlerweile um mehr als um ein paar Bewerbungen mehr oder weniger: Es geht um die Zukunft der Unternehmen. Mit der eigenen Karriereseite haben Unternehmen eines der wichtigsten Recruiting-Instrumente bereits an der Hand – sie müssen es nur noch richtig benutzen.